Warten bis es Abend wird
Wie der Gärtner den Garten wartet, so «warte» ich sozusagen das Warten im Garten des Forum Schlossplatz, während in den Innenräumen nach einem genauen Ablauf Aufführungen von Kompositionen, Lesungen und Kurzreferaten rund um das Thema Warten abgehalten werden. Ihre Besucher- und Zuhörer/innen bekommen wenig vom «Warten des Wartens» im Garten mit, später von den unausweichlichen Aktionen im Gang schon. Abgesehen davon, dass die vierstündige Aktion mich samt und sonders in Anspruch nimmt, kann gesagt werden, dass das Programm so gut ohne mein Warten auskäme, wie das Forum ohne Hauswart. So «warte» ich die 4 Stunden im Modus des Wartens, wie ein Hauswart der seine Aufgaben sichtbar-unsichtbar erfüllt, was unerwartete Seiten des Wartens eröffnet. Als sichtbares Zeichen dieses Wartens setze ich zwei verschieden grosse Aluminum-Leitern nebeneinander auf den Rasen an der Vorderseite des Hauses Forum Schlossplatz.
Mein Konzept des «Warten des Wartens» an den Rändern der Veranstaltung im Forum Schlossplatz ist als niederschwelliges Angebot angelegt. Die Aufmerksamkeit, die es erzeugt, steht sozusagen quer zu den punktuell aufgeführten Programmteilen im Innenraum, sind doch die Lesungen, Gespräche und Kompositionen 'drinnen' ausführlich und dicht. Die kurzen Pausen dazwischen werden von den Zuschauern/innen eher als Gelegenheit benutzt, von der reich bestückten und kompetent vorgeführten Warte-Nahrung Abstand zu nehmen und sich mit Bekannten auszutauschen, was sich notwendig und sinnvoll auch als eine Form des Wartens bis zum nächsten Beitrag oder zur nächsten Komposition ergibt. Die Zuschauer- und Zuhörer/innen haben eigentlich keine Zeit, sich zwischen den Beiträgen nach draussen auf eine 'Erfahrung des Wartens' im Garten zu begeben. Einige Zuschauer/innen kommen dennoch nach draussen und sehen, wie ich die Schuhe im Kies verschiebe, auf einer von Efeu überwachsenen Mauer in selbigem Gebüsch in Lauerstellung kaure und einen Baseball-Handschuh über die Hand gezogen in die Höhe halte, mich an Fenstersimsen, Gartenzäunen und Baumgeäst umständlich hinaufziehe und hangle. Diese Handlungen führe ich im Modus des Wartens aus: Die Bewegungen dehnen sich, werden zum Warten, es stellt sich ein anderes Zeitempfinden ein. Sie sind nicht eigentlich langsam, aber durch ihr Ruckeln und Verschieben, schnipseln sie auch am Sinn des Wartens, im Sinne von «Was mache ich, wenn ich warte?». Andere Zuschauer/innen sehe ich durchs Fenster nach draussen blicken, als ich auf der Leiter stehe und einzelne Tafeln mit den Wörtern DIE WEG WARTE WARTET AM WEG RAND DANKE in vier Himmelsrichtungen in die Höhe halte. Dann ‚drinnen’, in den Pausen, im Treppenhaus «unwiderstehliche» Begegnungen mit Publikum und Referenten/innen. So entsteht z.B. dieses Intermezzo: Ich stelle die Leiter vor der Tür auf, hinter der eine Präsentation stattfindet, dann steige ich auf ihre oberste Treppe zum «Köpfler» bereit, und als die Türe sich öffnet und die Zuhörer/innen sich an der Leiter vorbeizwängen, rufe ich sehr laut und eindringlich jedem/r einzelnen zu «sie haben überzogen – ich warte schon lange»! Hier nimmt die Realität meines Wartens nochmals eine andere Form an: sie überfällt uns, ja fällt uns von hinten auf eine Art an, die ich und die Zuhörer/innen wahrscheinlich nicht erwartet hätte.
Eine alles in allem komplexe Angelegenheit, das mit dem Warten, das ich eigentlich nicht meistern kann, weil es mich in sein Regelwerk verwickelt, ausser ich beschliesse auf dem i-phone oder in der Pendlerzeitung «20 minuten» Sudoku zu machen.
Schrifttafeln für Performance